ZfU009 Dreifaltig – oder: Wie Gott über Dir, neben Dir, in Dir sein kann

Predigt am Dreifaltigkeitssonntag, 3./4. Juni 2023, in der Kathedrale St. Sebastian

Ex 34,4b.5-6.8-9 & 2 Kor 13,11-13 & Joh 3,16-18

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Liebe Geschwister,

mit diesen Worten beginnen wir jedes Gebet. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes wird häufig ein Segen zugesprochen. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes wird ein Mensch getauft. Ganz selbstverständlich kommt uns diese Formel vom Vater, Sohn und Heiligem Geist über die Lippen. Sie ist uns gewohnt. Sie steht für das christliche Gottesbild, dem wir anhängen.

Zugleich ist dieses Gottesbild vom dreifaltigen Gott, dass wir am heutigen Dreifaltigkeitssonntag besonders feiern, keine einfache Vorstellung von Gott. Drei Personen, die doch ein Wesen sind; ein Gott sind. Auch wir Christen folgen – wie die jüdischen und die islamischen Geschwister – einem Glauben an einen einzigen Gott. Mit der Vorstellung der Dreiheit – der Drei-ein-heit Gottes in Vater, Sohn und Heiligen Geist fällt es bisweilen schwer, diese ganz besondere christliche Perspektive auf Gott in Worte zu fassen. Stellen wir uns einmal vor, wir versuchten es einer konfessionsfreien Nachbarin oder einen sich zu Gott bekennenden Muslim zu erklären. Was würdest Du sagen?

Diese Vorstellung von einer Drei-ein-heit Gottes bildete sich für die Christenmenschen, die vor uns gelebt haben, durch einen wachen Blick auf die Heilige Schrift und aus einer lebendigen Erfahrung Gottes. Die Erfahrungen kommen vielfältig daher und sie schlagen sich nieder in diesen drei Daseinsweisen Gottes. Und jede dieser Daseinsweisen oder Vergegenwärtigungen Gottes setzte dabei eigene Akzente.

Ein Gott in drei Daseinsweisen

Gott – Vater: Er ist jener, der als Schöpfer und Ursprung dieser Welt angesehen wird. In ihm verbinden sich das kreative, das zeugende und das gebärende Element. Hier ist die Gottheit Lebensspenderin. Zugleich gehört zu dieser Daseinsweise, dass diese Welt sich auf sie hinbewegt, dass hier Sinn und Ziel des Lebens ist. Sinn und Ziel Deines Lebens. Doch diese Gottheit bleibt geheimnisvoll – meist ist sie nicht zu fassen. In der Lesung aus dem Buch Exodus, die wir eben gehört haben, machte sich Gott gegenüber Mose für einen Moment fassbar:
„Der HERR ging vor seinem Angesicht vorüber und rief: Der HERR ist der HERR, ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig und reich an Huld und Treue.“ (Ex 34,6) Wenn wir es wörtlich übersetzen, können wir sagen: Der ICH-BIN-DA ist der ICH-BIN-DA, ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig und reich an Huld und Treue. Mose möchte dieses Moment der Nähe halten und lädt Gott ein: „ziehe doch, mein Herr, in unserer Mitte!“ (Ex 34,9b). Gott – Vater ist jener, der für Dich da ist. Doch zu diesen seltenen Erfahrungen der Nähe gehört auch, dass Gott – Vater sich entzieht und fern erscheint. Er ist Gott über Dir.

Der ICH-BIN-DA ist der ICH-BIN-DA, ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig und reich an Huld und Treue.

Ex 34,9b

Gott – Sohn – dieser Jesus aus Nazareth, genannt der Christus – erscheint uns dabei nahbarer. In ihm hat Gott ein menschliches Antlitz. Er erscheint als Weggefährte, der mit uns durch das Leben geht. Denkt etwa die Emmausgeschichte, in der dieser Christus neben den beiden geht und sie begleitet. Er geht auch Dein Leben mit, durch alle Freuden aber auch durch alle Sorgen. In Gott – Sohn wird aber zugleich deutlich, dass dieser entzogene Gott nicht fern sein will. Johannes schreibt in seinem Evangelium, wir es eben gehört haben: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab … damit die Welt durch ihn gerettet wird.“ (Joh 3,16-17) In Jesu aus Nazareth – so glauben Christenmenschen von den Anfängen an – tritt Gott in das Leben, wird Gott nahbar, wird Gott greifbar. Vielleicht geht es Dir da genauso wie mir, hier wird Gott zugänglich. Er ist Gott neben Dir.

Gott – Heiliger Geist. Ihn ihm wird diese Nahbarkeit Gottes noch tiefgehender, denn dieser Heilige Geist, das haben wir am vergangenen Sonntag zu Pfingsten erinnert, wir uns direkt, unmittelbar geschenkt. Hier tritt uns einen Daseinsweise Gottes entgegen, in der Gott uns ein Höchstmaß an Nähe schenken will. Gott – Heiliger Geist steht für das Potential, dass Gott in Dich legen möchte: Dein gutes Wollen, Deine Fähigkeit zu lieben, Deine Möglichkeit über dich hinaus zu wachsen. Cyrill von Jerusalem, er war im vierten Jahrhundert dort Bischof, beschrieb diese Begegnung mit dem Heiligen Geist so: Die Seele des Menschen „wird hell, und [der Mensch] schaut über alle menschliche Möglichkeit hinaus, was er (von sich aus) nicht wissen konnte.“  Gott – Heiliger Geist ist in den Menschen am Werk: Er ist in Dir am Werk. Er ist Gott in Dir.

Die Seele des Menschen „wird hell, und [der Mensch] schaut über alle menschliche Möglichkeit hinaus, was er (von sich aus) nicht wissen konnte.“

Cyrill von Jerusalem

Ein Gott in drei ganz unterschiedlichen Personen, ein Gott in drei Daseinsweisen: Gott über uns, Gott neben uns, Gott in uns. Alle drei Daseinsweisen Gottes haben eine Wirkung auf unser Leben. Wir werden diesen Daseinsweisen auch ganz unterschiedlich begegnen. Sie werden unterschiedlich zu uns sprechen, uns berühren. Aber allen ist gemeinsam, dass dieser drei-eine Gott in diese Welt und in das Leben jedes einzelnen Menschen treten möchte. Die gemeinsame Wurzel dieser drei ist der Wunsch – so glauben wir – der liebenden Schöpfungstat des Anfangs eine gute, liebevolle Zukunft zu geben. Daran scheint mir das eine Wesen dieses dreifaltigen Gottes deutlich zu werden: gegenwärtig sein, über uns, neben uns, in uns. So sehr hat Gott die Welt geliebt, so sehr hat Gott Dich geliebt.

Was berührt Dich? Was hast Du erfahren? Wie hat er Dich bewegt?

Wenn wir nun diesen drei-einen Gott feiern, dann kann das ein Anlass sein, sich an die Erfahrungen mit den drei Daseinsweisen Gottes zu erinnern. Ich möchte Dir den Vorschlag machen, dass Du Dir in einer stillen Minute einmal die Frage nach dem Gott über Dir, dem Gott neben Dir und den Gott in Dir stellst. Was berührt Dich? Was hast Du erfahren? Wie hat er Dich bewegt?

Liebe Geschwister, ich vermute, solche eine Übung kann uns helfen, dieses doch so vielfältige Gottesbild eines dreifaltigen Gottes nicht nur als Herausforderung für unser Verständnis, sondern auch als Geschenk für unser Leben zu begreifen. Sein Wesen, seine eine Wurzel zu erkennen: Dass dieser facettenreiche Gotte Dein, mein, unser Leben tragen will. Paulus zumindest wünscht es, wie wir in der zweiten Lesung gehört haben, den Christenmenschen in Korinth am Ende seines Briefes. Und das ist historisch das erste Mal, dass die drei Personen Gottes in einem Satz gemeinsam genannt werden:

„Die Gnade des Herrn Jesus Christus
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen!“
(2 Kor 13,13
)

Musik von Ronald Kah (Happy Intro)Web: https://ronaldkah.de

Foto von Aphiwat chuangchoem : https://www.pexels.com/de-de/foto/nahaufnahmefoto-von-rot-gelben-apfelfruchten-auf-grunen-blattern-347926/

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